Startseite
Geschichte
Literatur
Kontakt
Impressum
Düsseldorfer Stadtgeschichte
Chronik
Düsseldorfer Stadtgeschichte

Aspekte der Stadtentwicklung von Clemens von Looz-Corswarem

  • Einführung

  • 1. Vom Dorf zur Residenzstadt

  • 2. Aufschwung als Residenzstadt

  • 3. Von der Hauptstadt eines Großherzogtums zur Industriestadt

  • 4. Phasen der Stadtentwicklung 1854 bis 1914

  • 5. Vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg

  • 6. Der Neubau der Stadt Düsseldorf nach dem 2.Weltkrieg

  • 7. Die siebziger und achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts

  • 8. Veränderungen im Stadtbild von 1990 bis 2004


  • Einführung

    Der vorliegende Beitrag zur Stadtgeschichte Düsseldorfs ist zuerst als Einleitung zu dem Bildband "Düsseldorf ehemals, gestern, heute" (Stuttgart 1989) entstanden. Es war die Absicht, vor allem die topographische Entwicklung der Stadt und den Wandel des Stadtbildes deutlich werden zu lassen.

    Die kurzgefasste Stadtgeschichte ist für die Präsentation im Internet ergänzt und aktualisiert worden. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und kann nur einen ersten Einstieg zur Beschäftigung mit der Geschichte von Düsseldorf geben. Verwiesen wird auf die "Kleine Geschichte der Stadt Düsseldorf" von Hugo Weidenhaupt (10. Aufl. Düsseldorf 1993) und auf den ebenfalls von Hugo Weidenhaupt herausgegebene vierbändige große Stadtgeschichte "Düsseldorf. Geschichte von den Ursprüngen bis ins 20. Jahrhundert" (Düsseldorf 1988/89).
    Düsseldorf - Vom Werden einer Großstadt

    Düsseldorf wurde am 14. August 1288, also vor über 700 Jahren, von Graf Adolf von Berg zur Stadt erhoben.

    Damit gehört es zur jüngeren Schicht der im Mittelalter auf der rechten Rheinseite gegründeten Städte. In seiner mehrhundertjährigen, wechselvollen Geschichte ist Düsseldorf von einer kleinen Handels- und Stiftsstadt zunächst zum Sitz der Grafen von Berg und zur Residenz der Herzöge und Kurfürsten von der Pfalz, dann zur Hauptstadt eines napoleonischen Großherzogtums und schließlich nach einem beispiellosen Aufschwung als Industriestandort im 19. Jahrhundert zum Sitz der Landesregierung von NordrheinWestfalen aufgestiegen. Alle diese Phasen der Entwicklung haben Spuren im Stadtbild hinterlassen. Es soll daher hier auf prägende Epochen der Stadtentwicklung näher eingegangen und auf einige ihrer Überreste hingewiesen werden.


    zurück zum Inhaltsverzeichnis
    1. Vom Dorf zur Residenzstadt

    Der Streit, ob Düsseldorf bei seiner Erhebung zur Stadt im Jahre 1288 mehr ein Fischer- und Bauerndorf oder schon ein aufblühendes Handelszentrum gewesen sei, wird sich heute nicht mehr entscheiden lassen. Jedenfalls gab es zur Zeit der Stadterhebung schon eine Kirche, die wahrscheinlich schon seit 1206 Pfarrkirche war, auch gab es bereits 1263 drei Düsseldorfer Einwohner als Pächter der Rheinfähre bei Düsseldorf, was schon auf einen gewissen Handelsverkehr hinweist. Mit Sicherheit lag der um 1150 erstmals genannte Ort aber noch im Schatten der alten Pfalz- und Stiftsstadt Kaiserswerth und vor allem der auf dem anderen Rheinufer gelegenen kurkölnischen Stadt Neuss.

    Die Hoffnungen, die Graf Adolf mit der Gründung der Stadt Düsseldorf und der Umwandlung der Pfarrkirche zu einer Stiftskirche im Hinblick auf einen wirtschaftlichen Aufschwung gehabt haben mag, erfüllten sich allerdings zunächst nicht. Die neue Stadt besaß um 1300 noch bescheidene Ausmaße. Nach der Gründung des Kanonikerstiftes 1289 (Bestätigung durch den Kölner Erzbischof 1306) wurde der Platz um die Kirche Immunitätsbereich, der durch eine Mauer von der weltlichen Siedlung getrennt war. Nördlich der Kirche verlief die Hauptstraße der Stadt, die heutige Straße "Altestadt", an deren westlichem Ende, wohl in der Nähe des heutigen Theresien-Hospitals, ein unbebauter Platz als Marktplatz diente. Hier stand auch das Bürgerhaus, das als erstes Rathaus der Stadt diente. Es bestand aus einem zweigeschossigen Hauptgebäude mit je einem Saal in Erd- und Obergeschoss. Eine weitere Straße war die - heute verschwundene - Krämerstraße zwischen der St. Lambertus-Kirche und dem Rheinufer, in der sich der Handel der Stadt konzentrierte.

    Der Platz, auf dem die junge Stadt Düsseldorf lag, war gut gewählt. Die Siedlung lag auf einer hochwassergeschützten Landzunge, die im Westen durch den Rhein, im Süden durch die Düssel und im Norden durch einen Altrheinarm, den sogenannten "Eder", gesichert war. Nur an der Ostseite mußte die Stadt durch einen doppelten Graben stärker befestigt werden. Zunächst bestand die Befestigung wohl aus einer sogenannten "Holzerdemauer" und wurde erst im 14. Jahrhundert durch eine Steinmauer ersetzt. Der Raum, über den sich die Stadt ausdehnte, umfasste nur etwa 3,8 Hektar, die Länge der Befestigung betrug kaum 800 Meter. Der Mauerring schloss auch die noch nicht bebaute Ritterstraße mit ein.

    Für das Jahr 1303 ist erstmals ein Bürgermeister belegt, und 1358 wird ein Rat der Stadt Düsseldorf genannt. In diesem Jahr ist Düsseldorf auch zusammen mit anderen Städten auf dem bergischen Landtag belegt, auf dem Vertreter der Städte und des Adels zusammenkamen, um vor allem Steuerbewilligungen zu beschließen. Der seit 1360 regierende Landesherr, Graf Wilhelm von Berg, war der Stadt sehr zugetan und förderte ihren Aufstieg. 1371 erhielt Düsseldorf die volle Gerichtsbarkeit und durfte einen eigenen Galgen errichten, 1373 wurde es bergische Zollstadt und wahrscheinlich 1377 bergische Münzstätte. Im Jahre 1382 werden die ersten Juden in Düsseldorf erwähnt, und im gleichen Jahr erfolgte die Stiftung des Gasthauses, des Vorläufers des St. Hubertus-Hospitals. Es lag an der Ratinger Straße und war Fremdenherberge, Hospital und Sozialstation in einem. 1384 ordnete Graf Wilhelm, der 1380 vom König zum Herzog erhoben worden war, die Anlage einer Neustadt an, die sich südlich der alten Stadt bis zur Flingerstraße erstreckte und schon mit einer Mauer gesichert wurde, ehe sie voll besiedelt war. Zunächst besaß diese Neustadt eine eigene Verwaltung. Verwaltungsmäßig zu Düsseldorf geschlagen wurden im Jahre 1384 auch die Orte Bilk, Golzheim und Derendorf - 1394 kam noch Hamm hinzu - die, obwohl ausserhalb der Mauern liegend, Bestandteile der Stadt wurden. Volmerswerth dürfte im Laufe des 15. Jahrhunderts hinzugekommen sein.

    Die Regierungszeit Herzog Wilhelms war eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs für Düsseldorf. Die Stadt war durch den Erwerb der Reliquien des Hl. Apollinarius aus Remagen zu einem Wallfahrtsort geworden. Die Pilger brachten Geld in die Stadt, so dass an einen Neubau der Stifts- und Pfarrkirche gedacht werden konnte. Ende des 14. Jahrhunderts, wohl um 1390, erhielt die Lambertuskirche ihre heutige Gestalt als gotische Hallenkirche. Auch werden in diesem Zeitraum mehrere Stadttore erstmals genannt, so das Berger Tor (1396) und das Flinger Tor (1408).

    Auch das Schloss am Rhein an der Südostecke der Altstadt als Wohnsitz des Herzogs ist wohl erst im 14. Jahrhundert entstanden. 1386 wird es erstmals genannt, 1392 wird eine Schlosskapelle erwähnt. Doch das Glück blieb Herzog Wilhelm, der auch als zweiter Gründer der Stadt Düsseldorf bezeichnet wird, nicht treu. Nach seiner schweren Niederlage gegen Kleve bei Kleverhamm im Jahre 1397 empörte sich sein eigener Sohn gegen ihn. Im Verlauf dieser Auseinandersetzungen wurde das Schloss geplündert und verwüstet, und die Düsseldorfer Bürger, die durch den alten Herzog so viele Wohltaten erfahren hatten, wandten sich von ihm ab. Trotzdem wohnte er bis zu seinem Tode am 25. Juni 1408 auf dem Schloss. Die Ansätze einer Residenzbildung in Düsseldorf durch Herzog Wilhelm brachen allerdings nach 1387 völlig in sich zusammen. Die Zeit war noch nicht reif dafür.

    Im 15. Jahrhundert scheinen nur wenige Ereignisse das Stadtbild Düsseldorfs wesentlich verändert zu haben. Um 1438 ließen sich die Kreuzherren, ein der Regel der Augustiner angehörender Bettelorden, als erster Orden in der Stadt nieder und begannen 1443 mit dem Bau ihrer Kirche an der Stelle des Gasthauses an der Ratinger Straße. Das Gasthaus wurde in die Flingerstraße verlegt. Im Jahre 1462 wird eine öffentliche Badestube erwähnt, 1465 erstmals ein Arzt genannt. 1470 wurde das Haus »Zum schwarzen Horn« in der Ratinger Straße als Rathaus bezogen. Das Schloss selbst wurde ab 1445 als Dreiflügelanlage ausgebaut.


    zurück zum Inhaltsverzeichnis
    2. Aufschwung als Residenzstadt

    Mit dem 16. Jahrhundert trat Düsseldorf in eine neue Phase seiner Geschichte ein. Durch die Ehe von Johann, Herzog von Kleve und Graf von der Mark, mit Maria, der Erbin von Jülich, Berg und Ravensberg im Jahre 1510 waren die Voraussetzungen für den Aufstieg Düsseldorfs zur Residenzstadt eines großen Länderverbundes gegeben. Die Herrscher - auf Johann (+ 1539) folgten Wilhelm (1539-1592) und Johann Wilhelm (1592-1609) - hielten sich bevorzugt in Düsseldorf auf.

    Düsseldorf wurde zur Stadt der Renaissance am Niederrhein, sein äusseres Bild und seine Struktur veränderten sich in dieser Zeit beträchtlich. Die Stadt war Hauptresidenz der vereinigten Herzogtümer Jülich, Kleve und Berg geworden. Zum Landesverbund gehörten auch die Grafschaften Mark und Ravensberg. Besonders unter Herzog Wilhelm III., der wegen seiner vielen Länder den Beinamen "der Reiche" erhielt, nahm die Stadt wirtschaftlichen Aufschwung.

    Düsseldorf war im 16. Jahrhundert aber nicht nur Residenz und damit Verwaltungssitz für die vereinigten Territorien, sondern auch Landesfestung. Die Befestigungen, die ab 1538 von den Landständen finanziert wurden, mussten den Fortschritten der Kriegstechnik entsprechend stetig verbessert und erweitert werden. Vor der mittelalterlichen Mauer wurde zunächst ein Wall aufgeschüttet, der mit Rondellen und ab 1538 durch spitzwinklige Bastionen verstärkt wurde. Die alten Tore wurden durch Vortore gesichert und zu richtigen Torburgen ausgebaut. Im Süden der Stadt entstand eine Zitadelle. Der Graben zwischen dieser Zitadelle und der südlichen Stadtmauer konnte als Sicherheitshafen genutzt werden. An seinem Ausgang zum Rhein stand ab 1598 ein großer, fester Tretkran mit drehbarem Ausleger im Dach, mit dem vor allem schwere Handelsgüter, wie Mühlsteine und Weinfässer, aus den Schiffen gehoben wurden.

    Das im 15. Jahrhundert ausgebaute Schloss, das durch zwei Brände in den Jahren 1491 und 1510 teilweise zerstört worden war, wurde wiederhergestellt und bis 1559 zu einer ansehnlichen Anlage umgestaltet.

    Schon 1544 war das Rathaus von der Ratinger Straße an den Markt verlegt worden. Das damals von der Stadt erworbene Haus war wohl bald baufällig, so dass die Bürgerschaft in den Jahren 1570-1579, möglicherweise nach den Plänen des Festungsbaumeisters Alexander Pasqualini d. J., durch den Maurermeister Heinrich Tußmann aus Duisburg den heute noch bestehenden Bau errichten ließ. Im 16. Jahrhundert gab es im Zuge des allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwungs in Düsseldorf eine rege Bautätigkeit. Bauordnungen schrieben steinerne Fassaden der giebelständigen Häuser vor und verboten den Gebrauch von Fachwerk. Fast alle Zünfte erhielten im 16. Jahrhundert neue Zunftordnungen. 1545 gründete Herzog Wilhelm am Stiftsplatz ein Gymnasium, das unter seinem ersten Rektor Johannes Monheim (1509-1564) bis zu 2.000 Schüler gehabt haben soll. In Zusammenhang mit dieser Schule, aber auch der zunehmenden Verwaltungstätigkeit in der Residenzstadt stand auch die Gründung einer ersten Druckerei im Jahre 1555. Düsseldorf zählte damals 3.200 bis 3.500 Einwohner. Das kirchliche Leben war vom Humanismus geprägt, der Herzog und seine Räte bemühten sich um einen "mittleren Weg" zwischen den Konfessionen und beförderten einen Reformkatholizismus. Trotzdem konnte die Reformation im Herzogtum und teilweise auch in Düsseldorf Fuß fassen.

    Im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts stand die Stadt unter keinem glücklichen Stern. Herzog Wilhelm war seit seinem Schlaganfall 1566 stark beeinträchtigt, und sein Sohn Johann Wilhelm I. zeigte Anzeichen einer Geisteskrankheit, die ihn im Lauf der Zeit völlig regierungsunfähig werden ließ. Zwischen 1577 und 1584 überzogen vier Pestepidemien die Stadt, ausserdem brachten die sogenannten Truchsessischen Wirren im benachbarten Kurköln ab 1582 und der Freiheitskampf in den Niederlanden den Handelsverkehr auf dem Rhein weitgehend zum Erliegen. Am 25. März 1609 starb Johann Wilhelm I., der 1585 mit Jakobe von Baden (1558-1597) und 1599 mit Antoinette von Lothringen (1568-1610) verheiratet worden war, ohne Nachkommen. Von den zahlreichen Fürsten, die Anspruch auf die vereinigten Länder am Niederrhein und in Westfalen erhoben, konnten sich der Pfalzgraf von Neuburg und der Kurfürst von Brandenburg durchsetzen. Um die Ansprüche des Kaisers und anderer Prätendenten abzuwehren, regierten Brandenburg und Pfalz-Neuburg zunächst als possedierende Fürsten gemeinsam, bis sie im Vertrag von Xanten 1614 ihre Interessensphären abgrenzten. Düsseldorf wurde Hauptstadt des pfalz-neuburgischen Herrschaftsbereiches, zu dem die Herzogtümer Jülich und Berg gehörten.

    Herzog Wolfgang Wilhelm (1614-1653), der Sohn einer Schwester Johann Wilhelms I., verlegte seine Residenz von Neuburg an der Donau nach Düsseldorf. Es gelang ihm im 30-jährigen Krieg (1618-1648), sein Land und auch die Stadt Düsseldorf durch eine geschickte Neutralitätspolitik vor größeren Schäden zu bewahren. Trotzdem wurden die Befestigungen weiter ausgebaut. Gleichzeitig siedelte der Herzog im Zuge der Gegenreformation zahlreiche Orden in der Stadt an - Wolfgang Wilhelm war 1614 zum Katholizismus übergetreten. Auch sein Nachfolger Philipp Wilhelm (1653-1679) residierte in Düsseldorf und gab der Stadt durch seine Hofhaltung wirtschaftliche Impulse. Von Bedeutung für die Stadt wurde aber vor allem die Regierungszeit Johann Wilhelms II. von Pfalz-Neuburg (1679-1716), der ab 1690 auch Kurfürst von der Pfalz war. Unter diesem im Volksmund "Jan Wellem" genannten Herrscher nahm Düsseldorf eine bedeutende Stellung innerhalb der europäischen Residenzstädte ein.

    In der Stadt selbst, die um 1650 rund 5.000 Einwohner zählte, gab es zahlreiche Neubauten. Es waren u.a. die neuerrichtete St. Andreas-Kirche der Jesuiten (1622-1628), die Kapuzinerkirche an der Flingerstraße (1624), die Klöster der Cellitinnen an der Hunsrückenstraße (1649), der Coelestinerinnen an der Ratinger Straße (1638) und der Karmelitessen (1639), die am Rhein gegenüber der Lambertuskirche ihre Niederlassung bauten. Das Düsseldorfer Schloss wurde zu einer wahrhaft europäischen Residenz mit prunkvoller Hofhaltung. Dies strahlte auch auf die übrige Stadt aus. Künstler, Maler, Bildhauer und Musiker siedelten sich in der Stadt an. Unter Johann Wilhelm konnte Düsseldorf zu den größten deutschen Residenzstädten gezählt werden. Da Johann Wilhelm durch seine zahlreichen Geschwister, die mit dem Kaiser bzw. Königen verheiratet waren oder als Erzbischöfe und Bischöfe großen Bistümern vorstanden, über Kontakte in alle Welt verfügte, bekam Düsseldorf ein internationales Flair. Die erste Frau Johann Wilhelms, Maria Anna Josepha (+ 1689) war die Tochter Kaiser Ferdinands, seine zweite Frau Maria Anna Louisa Medici (+ 1748) die Tochter des Herzogs Cosmas III. von der Toskana.

    Durch die Anlage von Manufakturen, die Förderung des Verkehrs, die Errichtung einer fliegenden Brücke über den Rhein, die Einrichtung von regelmäßig verkehrenden Postlinien und eine Börtschifffahrt in die Niederlande wurde der allgemeine Wohlstand gehoben. Dazu trug auch die zunehmende Toleranz bei, die die Errichtung evangelischer Kirchen in der Stadt zuließ. So wurden 1684 die reformierte Kirche an der Bolkerstraße und 1687 die lutherische Kirche an der Berger Straße in Benutzung genommen. Beide Kirchen lagen aber ursprünglich nicht an den Straßenfronten, sondern im Inneren der Hausgevierte; auch durften die Protestanten ihren Kult nicht in der Öffentlichkeit ausüben.

    Kurfürst Johann Wilhelm erweiterte auch die Stadt. Er legte die sog. Extension, d. h. einen Stadterweiterungsbezirk an, der sich nach Süden bis zum heutigen Graf-Adolf-Platz erstreckte und in dem vor allem Kasernen errichtet wurden. Hierdurch wurde die Bevölkerung von der lästigen Einquartierungspflicht befreit. In dem Kasernengelände erhielt auch das alte Gasthaus als Hubertus-Hospital ein neues Gebäude. Die geplante Neustadt, die bis zur Straße Fürstenwall reichen und durch die die Stadtfläche auf das Doppelte der Größe gebracht werden sollte, ist allerdings - möglicherweise wegen des frühen Todes des Kurfürsten - nie verwirklicht worden. 1689 ließ Johann Wilhelm gegenüber von Düsseldorf in der zu Kurköln gehörenden Gemeinde Heerdt ein kleines Fort, die "Düsselburg", errichten, das aber aufgrund des Einspruchs des Kölner Kurfürsten unter Johann Wilhelms Nachfolger wieder geschleift werden musste.

    Hervorzuheben ist, dass Johann Wilhelm auch als Kunstsammler hervorgetreten ist. Für seine Sammlung bedeutender niederländischer und italienischer Gemälde, u.a. von Rubens, ließ er am Schloss eine eigene Gemäldegalerie errichten, die nach seinem Tode auch öffentlich zugänglich wurde. Kurfürst Johann Wilhelm ist den Düsseldorfern vor allem durch sein von seinem Hofbildhauer Gabriel de Grupello geschaffenes Reiterstandbild vertraut, das seit 1711 den Marktplatz ziert. Möglicherweise war das Standbild ursprünglich für den Ehrenhof des neuen Schlosses in Bensberg geschaffen worden - für die Düsseldorfer jedenfalls ist es Erinnerung an eine große Epoche ihrer Geschichte.

    Nach dem Tode des kinderlosen Kurfürsten am 8. Juni 1716 nahm die Glanzzeit der Stadt ein jähes Ende. Sein Bruder und Nachfolger, Karl Philipp (1661-1742) residierte in Neuburg, Heidelberg, Mannheim und Schwetzingen. Die Künstler und viele Kunsthandwerker zogen fort, Düsseldorf wurde zur Nebenresidenz und Provinzstadt. Auch in der Folgezeit blieb Düsseldorf Nebenresidenz der in Mannheim und später München residierenden Fürsten. Auf den ebenfalls kinderlosen Karl Philipp folgte Kurfürst Karl Theodor (1724-1799) aus der Linie Pfalz-Sulzbach, der 1777 auch Kurfürst von Bayern wurde und seine Residenz nach München verlegte. Da auch er ohne Erben blieb, übernahm 1799 sein Neffe Maximilian Joseph (1756-1825) die Regierung, die er in Düsseldorf aber nur bis zum Übergang des Landes an Napoleons Schwager Joachim Murat 1806 innehatte.

    An baulichen Veränderungen sind für die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts ausser dem weiteren Ausbau der Befestigungsanlage 1732-1742 vor allem die Errichtung der Hospitalkirche 1735 (ab 1766 Garnisonskirche) und die Erbauung einer neuen Klosterkirche der Franziskaner (der heutigen Maxkirche) in der Zitadelle 1734-1737 zu verzeichnen. Während der Regierungszeit des Kurfürsten Karl Theodor (1742-1790) aus dem Hause Pfalz-Sulzbach gelang der Stadt im Zuge eines allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwungs eine gewisse Konsolidierung. Auch jetzt wurden die Festungsanlagen der Stadt weiter ausgebaut, sie vermochten die Stadt jedoch im Siebenjährigen Krieg nicht zu schützen. Der preussische Feldherr Prinz Ferdinand von Braunschweig ließ die Stadt am 27. und 28. Juni 1758 von der linken Rheinseite aus beschießen. Dabei wurden rund 145 Häuser und Kirchen in Rheinnähe schwer beschädigt.

    Für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts ist der Name des Grafen Johann Ludwig Franz von Goltstein (+ 1776) zu nennen, der Düsseldorf als kurpfälzischer Statthalter wichtige Impulse gegeben hat. Im Zuge von Notstandsarbeiten wurden 1769-1771 die Reitallee und der ältere Teil des Hofgartens nach Plänen von Nicolas de Pigage als öffentliche Promenaden angelegt. In die Zeit Graf Goltsteins fällt auch der Bau des Schlosses Benrath (1756-1770), des Schlosses Jägerhof (1763) und des Statthalterpalais in der Mühlenstraße (1764-1768). Goltstein ließ auch die Werftanlagen am Rhein wieder herrichten, verstärkte die Befestigungen an der Rheinfront und legte einen neuen Friedhof an der Steinstraße an. Als Aufklärer wandte er sich gegen religiöse Gebräuche, ließ aber die Mitglieder des 1773 aufgehobenen Jesuitenordens in ihrem ehemaligen Gebäude an der Mühlenstraße, dem heutigen Stadthaus, weiter wirken.

    Da die Bevölkerung stark gewachsen war, wurde Ende des 18. Jahrhunderts wiederum eine Stadterweiterung ins Auge gefasst. Zunächst hat man aber in den Jahren 1784-1787 die überflüssig gewordenen Befestigungen zwischen der Altstadt und der Extension niedergerissen und planiert. Die Pläne für den neuen Stadtteil entwarf Ingenieur-Hauptmann Euler. Am 7. September 1787 erfolgte die offizielle Bekanntmachung der Baupläne und Baubedingungen für den Stadtteil, der nach dem Namen des Kurfürsten Karl Theodor "Karlstadt" genannt wurde. Um einen quadratischen Platz, den heutigen Karlsplatz, wurden rechtwinkelig zueinanderstehende Straßen angelegt, die in den darauffolgenden Jahren - durch Steuerbefreiung großzügig gefördert - bebaut wurden und noch heute einen guten Eindruck von der Architektur dieser Zeit vermitteln.


    zurück zum Inhaltsverzeichnis
    3. Von der Hauptstadt eines Großherzogtums zur Industriestadt

    Die Französische Revolution bedeutete auch für die Stadt Düsseldorf einen wichtigen Einschnitt in ihrer Geschichte. Im Oktober 1794 erschienen französische Revolutionstruppen am Rhein gegenüber von Düsseldorf. Die Festung Düsseldorf war damals mit bergischen, jülichen und österreichischen Truppen besetzt. Bei der Beschießung der Stadt durch die Franzosen am 6. Oktober 1794 wurden das Schloss, die Nebengebäude des Statthalterpalais' in der Mühlenstraße sowie 16 Bürgerhäuser in Brand gesetzt. Aber erst ein Jahr später, am 6. September 1795, überschritten die französischen Truppen den Fluss und nahmen die Stadt fast ohne Gegenwehr ein, da die schlecht ausgerüstete Festung kaum verteidigt wurde. Zunächst wurde Düsseldorf von den Franzosen als Brückenkopf und militärischer Stützpunkt weiter ausgebaut, wobei zahlreiche Häuser in der Umgebung der Stadt den Schanzarbeiten zum Opfer fielen, so u.a. das Hofgärtnerhaus und der Chinesische Pavillon am Eingang des Hofgartens.

    Als die französische Besatzung nach dem Frieden von Lunéville 1801 die Stadt wieder räumte, sprengte sie die gesamten Festungsanlagen und verwandelte sie in einen riesigen Trümmerhaufen. Landesherr von Düsseldorf war seit 1799 Max Joseph von Pfalz-Zweibrücken (1756-1825), der auch Kurfürst von Bayern war und in München residierte. Er setzte seinen Schwager, Herzog Wilhelm in Bayern, als Statthalter in Düsseldorf ein. Doch schon im März des Jahres 1806 wurde Berg durch Napoleon, dem Max-Joseph das rheinische Herzogtum im Tausch gegen die bayerische Königswürde abgetreten hatte, an seinen Schwager Joachim Murat gegeben und zum Großherzogtum erhoben. Düsseldorf wurde damit Hauptstadt eines Territoriums, das weit über die Grenzen des alten Herzogtums Berg hinausreichte.

    Der Reichsdeputationshauptschluss im Jahre 1803 hatte auch für Düsseldorf die Aufhebung sämtlicher Stifte und Klöster gebracht. Die Stiftskirche wurde ausschließlich Pfarrkirche, für die zweite Stadtpfarrei kam die Kirche des Franziskanerklosters, die Maxkirche, hinzu. Die Gebäude anderer Klöster wurden zum Teil auf Abbruch verkauft oder als Lagerhäuser, Pferdeställe und für sonstige Zwecke verwendet. Das ehemalige Jesuitengymnasium in der Mühlenstraße wurde staatliches Lyzeum.

    Für die Beseitigung der Trümmer der gesprengten Festungsanlagen setzte die Regierung eine eigene "Schleifungskommission" unter dem Vorsitz von Georg Arnold Jacobi ein. Von dieser Kommission, der der Gartenbaumeister Maximiliam Friedrich Weyhe, der Hofbaurat Kaspar Huschberger und der Wasserbaumeister C. W. Bauer angehörten, wurde Düsseldorf im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts tiefgreifend umgestaltet. So entstanden zum Beispiel ab 1804 die heutige Königsallee und die Heinrich-Heine-Allee auf den Resten der alten Befestigungen, auch der Hofgarten oder die Anlagen am Schwanenspiegel und Kaiserteich sind in dieser Zeit geplant worden. 1807 wurde die Königsallee zum ersten Mal bepflanzt. Im Jahre 1808 trat der Architekt Adolph von Vagedes in die Planungen ein und schlug einige bedeutsame Veränderungen vor: An verschiedenen Stellen, so am heutigen Grabbeplatz und am Ratinger Tor, sollte sich die Stadt nach aussen hin öffnen und in die Landschaft übergehen. Ein bedeutendes Ereignis für die Entwicklung der Stadt Düsseldorf stellt auch der kurze Besuch Kaiser Napoleons im November 1811 dar. Der Staatssekretär des Großherzogtums Berg, Graf Pierre-Louis Roederer, schrieb über den Besuch Napoleons in Düsseldorf an seine Frau in Paris, dass die Feierlichkeiten in Düsseldorf und die glanzvollsten der Reise gewesen seien und Düsseldorf für einige Tage ein "Klein-Paris" geworden sei. In einem wenige Wochen später erlassenen sogenannten "Verschönerungsdekret" überließ der Franzosenkaiser das Gelände der ehemaligen Festungsanlagen den Bürgern der Stadt Düsseldorf zur Erweiterung der öffentlichen Gartenanlagen, auch ließ er im Norden der Stadt einen neuen Sicherheitshafen anlegen, der bis zu seiner Beseitigung nach 1896 "napoleonischer Hafen" hieß.

    Nach der Niederlage Napoleons 1813/15 und der Neuverteilung der Länder auf dem Wiener Kongress nahm am 5. April 1815 der preussische König Friedrich Wilhelm III. die Rheinlande in Besitz. Düsseldorf war nun nicht mehr Residenzstadt, sondern nur noch Hauptstadt eines Regierungsbezirks. Mit ca. 20.000 Einwohnern bildete die Stadt nicht einmal einen eigenen Stadtkreis, sondern gehörte bis 1872 zum Landkreis Düsseldorf. Düsseldorf war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Landstadt, die erst wieder einen gewissen Aufschwung erlebte, als sie 1820 eine Garnison erhielt. Als Kommandeur kam Prinz Friedrich von Preussen nach Düsseldorf, der im Schloss Jägerhof Wohnung nahm und der Stadt wenigstens im Kleinen wieder einen Residenzcharakter verlieh. Hinzu kam, dass seit 1819 die kurfürstliche Kunstakademie als Königlich Preussische Kunstakademie weitergeführt wurde und unter den Direktoren Peter Cornelius (+ 1867) und ab 1826 Wilhelm von Schadow (+ 1862) einen bedeutenden Aufschwung nahm. Auch wurde Düsseldorf zum Tagungsort des neugeschaffenen Provinziallandtags der Rheinprovinz bestimmt.

    Allgemein heisst es, dass es sich in der durch Beamte und Künstler geprägten Biedermeierstadt gut leben ließ. Der Titel "Kunst- und Gartenstadt" besaß für die Zeit um 1830 seine Berechtigung. Das kulturelle Leben war mit Namen wie Peter Cornelius, Wilhelm von Schadow, Karl Leberecht Immermann, Christian Dietrich Grabbe, Felix Mendelssohn-Bartholdy und Robert Schumann verbunden.

    In diese Zeit fallen aber auch die ersten Impulse zu einem neuen wirtschaftlichen Aufstieg. 1825 wurden die Stadt-Sparkasse und eine Leihanstalt gegründet, 1831 erhielt Düsseldorf durch die Rheinschifffahrtsakte einen Freihafen, im gleichen Jahr wurde eine Handelskammer gegründet, 1836 stellte die Weberei Deus & Moll die erste Dampfmaschine auf, und 1837 fand eine erste Industrieausstellung für den Regierungsbezirk Düsseldorf statt. Mit der Eröffnung der ersten Eisenbahnstrecke in Westdeutschland zwischen Düsseldorf und Erkrath im Jahre 1838 begann eine neue Zeit. Ebenfalls dem Verkehr diente die 1839 eingerichtete Schiffsbrücke, die eine Fähre, die sogenannte "Fliegende Brücke", ersetzte. Die Eisenbahnstrecke Neuss-Oberkassel wurde 1854 in Betrieb genommen. Damit waren die Voraussetzungen für die Entwicklung Düsseldorfs zur Industriestadt gegeben.


    zurück zum Inhaltsverzeichnis
    4. Phasen der Stadtentwicklung 1854 bis 1914

    Die Jahre um 1850 sind für die Entwicklung von Düsseldorf in mehrerlei Hinsicht von Bedeutung. Gab es im Mai 1848 anläßlich der Wahlen zum Frankfurter Paulskirchenparlament auf der heutigen Heinrich-Heine-Allee ein deutsches Einheitsfest, so gab es im August desselben Jahres einen Skandal, als der preussische König Friedrich Wilhelm IV. auf der Kastanienallee, der heutigen Königsallee, mit Pferdeäpfeln beworfen wurde. Die sehr heftigen Revolutionsunruhen 1848/49, die mit den Namen des Rechtsanwaltes Ferdinand Lassalle, des Dichters Ferdinand Freiligrath, des Kommandeurs der Bürgerwehr Lorenz Cantador und des Arztes Joseph Neunzig verbunden sind, zeigen, dass sich in Düsseldorf eine starke soziale Differenzierung herausgebildet hatte.

    1850 ist auch das Jahr, in dem in Düsseldorf die Industrialisierung begann. Vornehmlich belgische Industrielle, so 1852 die Gebrüder Richard, 1854 Gobiet, 1857 Bourouxhe und Piedboeuf, machten mit der Anlage von Puddelstahlwerken in Oberbilk den Anfang. 1860 verlegten die Poensgen aus Schleiden in der Eifel ihre Röhrenwalzwerke nach Düsseldorf. Der Grund für diese Industrieansiedlungen wird zunächst in dem reichlich vorhandenen und billigen Bauland zu sehen sein, dann vor allem in den günstigen Verkehrswegen, die der Rhein und die Eisenbahnlinien in das Ruhrgebiet darstellten.

    Das schnelle Wachstum der Eisenindustrie, aber auch das Ansteigen der Textilindustrie bis noch etwa 1880 bewirkten eine explosionsartige Zunahme der Bevölkerung. Betrug die Einwohnerzahl Düsseldorfs um 1840 etwa 35.000, so verdoppelte sie sich in nur 30 Jahren auf über 70.000 im Jahre 1870. Fünfzig Prozent davon waren zugezogen, vor allem aus dem Bergischen Land, Westfalen, den östlichen Landesteilen Preussens, aber auch aus Polen und den Niederlanden.

    In einem 1854 vom preussischen König genehmigten Stadterweiterungsplan sah die Stadt die Schaffung von drei neuen Stadtteilen rings um den bebauten Raum der Innenstadt vor. Damit wurde die bebaute Stadtfläche von 99 auf 375 Hektar erweitert. Im Süden der Stadt hinter den Bahnhöfen der Bergisch-Märkischen und der Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft am jetzigen Graf-Adolf-Platz schuf man die im Rechteckschema angelegte Friedrichstadt. Sie war benannt nach dem preussischen König Friedrich Wilhelm IV. und reichte bis zur Bilker Allee, wodurch der Anschluss an das alte Dorf Bilk geschaffen wurde. Im Osten entstand ein neues Viertel zwischen Schadowstraße, Oststraße und Königsallee, im Nordosten ein Viertel im Winkel zwischen Jägerhof- und Kaiserstraße, das die alte Siedlung Pempelfort in die Innenstadt mit einbezog. Allerdings waren die neuen Stadtteile mit den alten in keiner organischen Weise verbunden, sie wurden lediglich zusammenhanglos um die alte Stadt herumgelegt. Schon sehr schnell wuchs die Stadt über diesen festgelegten Rahmen hinaus, und es entstanden Straßenzüge zwischen der Oststraße und dem späteren Hauptbahnhof, die keinem vorher festgelegten Bauplan folgten. Die großzügig angelegte Friedrichstadt blieb bis 1890 durch die Bahnlinien und den neben der Haroldstraße verlaufenden Schienenstrang von den übrigen Altstadtteilen abgeschnitten. Größere Freiflächen waren für diese Stadtteile nicht vorgesehen. Allerdings sah die Bauverordnung von 1855 vor, dass Höhe und Tiefe der Häuser im Verhältnis zur Straßenbreite stehen sollten.

    Nach der Reichsgründung 1871 nahm die Stadt Düsseldorf nicht nur als Industriestadt, sondern auch als Handelsstadt und Stadt der Verwaltungen, Banken, Firmensitze und Versicherungen einen ungeahnten Aufstieg. Düsseldorf konnte nun mit Recht »Schreibtisch des Ruhrgebiets« genannt werden. Besaß die Stadt 1875 rund 80.000 Einwohner, so war schon 1882 die Hunderttausendgrenze erreicht. Im Jahre 1900 wurden 213.000 Einwohner gezählt, im Jahre 1909 - nach der Eingemeindung von Eller, Gerresheim, Heerdt, Himmelgeist, Ludenberg, Stockum und Vennhausen - bereits 328.000, und 1914 zu Beginn des Ersten Weltkrieges besaß Düsseldorf 395.000 Einwohner.

    Es ist verständlich, dass sich diese Entwicklung auch in der Stadttopographie und im Stadtbild niedergeschlagen hat. Im Jahre 1872 wurde Düsseldorf kreisfreie Stadt, 1873 wurde es Sitz des Landeshauptmannes, 1874 wurde die Maschinenfabrik Haniel & Lueg gegründet, 1875 siedelte die Provinzialfeuerversicherung von Koblenz nach Düsseldorf über, 1876 wurde die Pferderennbahn eröffnet, 1878 wurden die Henkel-Werke nach Düsseldorf verlegt und die Jagenberg-Werke gegründet, 1884 wurde die Düsseldorfer Börse, 1889 das Rheinmetall-Werk, 1895 die Rheinische Bahngesellschaft gegründet, 1896 der neue Rheinhafen auf der Lausward eröffnet, 1898 die Oberkasseler Brücke eingeweiht, 1904 der Stahlwerksverband gegründet, 1906 ein eigenes Oberlandesgericht eingerichtet, 1909 der Luftschiffhafen auf der Golzheimer Heide eingerichtet und 1912 eine zweite Eisenbahnbrücke in Hamm gebaut.

    Zu diesen äusseren Daten der Entwicklung Düsseldorfs kommen andere: 1872 wurde eine höhere Bürgerschule eingerichtet, im selben Jahr führte die Vernichtung des Schlosses durch Brand zur Gründung einer Berufsfeuerwehr, 1874 wurden das Historische Museum und der Zoologische Garten gegründet, es folgten 1875 das Stadttheater an der heutigen Heinrich-Heine-Allee, 1876 die Gesellschaft Floragarten, 1878 eine höhere Mädchenschule, 1879 der Neubau der Kunstakademie, 1881 die Städtische Kunsthalle und die Johanneskirche, 1883 die Kunstgewerbeschule und das Kunstgewerbemuseum, 1888 das erste Hallenbad in der Grünstraße, 1891 der Volksgarten, 1894 der Ostpark,1896 der erste öffentliche Lesesaal, 1899 die ersten Goethe-Festspiele und das Apollotheater, 1907 die Allgemeinen städtischen Krankenanstalten und die Akademie für praktische Medizin, 1908 die erste Omnibuslinie , 1910 das Warenhaus Tietz, der heutige Kaufhof, 1911 die Hochschule für kommunale Verwaltung und 1912 das Mannesmannhaus.

    Auch Veranstaltungen überregionalen Charakters fanden in dieser Zeit in Düsseldorf statt. Zu nennen sind vor allem die große Industrie- und Gewerbeausstellung im Zoogelände 1880, die große Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellung 1902 am Rheinufer und der Deutsche Katholikentag in Düsseldorf 1883.

    Für die Stadttopografie von Bedeutung wurde der großzügige Bebauungsplan des Jahres 1885, der die Anlage eines Hauptbahnhofes und den Bau von Ringstraßen vorsah. Dieser Bebauungsplan des Stadtbaumeisters Buch, den auch der bekannte Stadtbaumeister Joseph Stübben begutachtete, erschloss ein Gebiet von 2.400 Hektar. Bei einer durchschnittlichen Bevölkerungsdichte von 250 Personen pro Hektar bot der geplante Stadtraum Platz für eine Einwohnerzahl von 600.000 Menschen. Dieser Stadtentwicklungsplan von 1885 sollte bis zur Beendigung des Zweiten Weltkrieges seine Gültigkeit behalten.

    Schon seit den 1870er Jahren waren die Gleisanlagen der verschiedenen Bahngesellschaften und die Bahnhöfe am Graf-Adolf-Platz als Einschnürung für die Ausdehnung der Stadt erkannt worden, so dass man sich um 1880 entschloss, die beiden Bahnhöfe zugunsten eines neuen Zentral-Personenbahnhofes auf bisher unbebautem Gelände im Osten der Stadt aufzugeben. Ein großer Güterbahnhof wurde in Derendorf angelegt. Diese neuen Bahnhöfe - der Personenbahnhof wurde 1891 eingeweiht - trugen dazu bei, dass sich die Stadt bevorzugt in diesen Richtungen ausdehnte.

    Durch die neuen Bahnhöfe und die verstärkte Bebauung der Innenstadt wurde der Düsseldorfer Hafen mit seinem zunehmenden Warenumschlag, der sich am Rheinufer vor der Altstadt und im Norden beim sogenannten "Napoleonischen Sicherheitshafen" befand, stark beeinträchtigt. So gab es schon seit 1873, nicht zuletzt auf Initiative des Industriellen Mulvani, Pläne für neue Hafenanlagen. 1890 fand der erste Spatenstich für den Hafen im Süden der Stadt, in der sogenannten Lausward, statt. Mit diesen großzügigen Hafenanlagen, mit denen die Stadt Düsseldorf durchaus in Konkurrenz mit etwa gleichzeitig entstandenen Häfen in Duisburg, Neuss, Köln und Köln-Mülheim treten konnte, wurde auch die Neugestaltung des gesamten Rheinufers möglich. Die Rheinufervorschiebung der Jahre 1898 bis 1900 bildete wiederum die Voraussetzung für die Bebauung des Rheinufers mit Verwaltungs- und Gerichtsgebäuden, Firmensitzen sowie hochwertigen Wohnhäusern sowohl im Norden wie im Süden der Altstadt. Die linksrheinische Gemeinde Heerdt mit ihren Ortsteilen Oberkassel und Niederkassel war seit 1839 mit der Stadt Düsseldorf durch eine Schiffsbrücke verbunden. 1895 wurde unter der Leitung des Industriellen Heinrich Lueg die "Rheinische Bahngesellschaft" gegründet, die es sich zur Aufgabe machte, eine feste Straßenbrücke zum linksrheinischen Ufer zu bauen, um darüber eine elektrische Kleinbahn von Düsseldorf nach Krefeld fahren zu lassen. Die Rheinbrücke nach Oberkassel wurde schon am 12. November 1898 dem Verkehr übergeben. Mit dem Bau der Brücke veränderte sich die Struktur der bis dahin ländlichen Gemeinde Heerdt von Grund auf. Die Bahngesellschaft hatte nämlich große Mengen Land in Oberkassel erworben und baute nun darauf im Laufe der nächsten Jahrzehnte einen neuen Stadtteil, der zum bevorzugten Wohnort für die Düsseldorfer wurde. Für die Bebauung und Struktur der Innenstadt von Bedeutung wurde auch die Tatsache, dass 1897 der Exerzierplatz und das Kasernengelände des Westfälischen Ulanenregiments im Bereich Kasernenstraße, Breite Straße, Graf-Adolf-Platz von der Stadt übernommen wurde. Auch hier konnten um 1900 zahlreiche markante Gebäude entstehen, wie zum Beispiel das nicht mehr vorhandene alte Schauspielhaus, die Synagoge und der noch erhaltene Monumentalbau "Stahlhof" des 1904 gegründeten Stahlwerksverbandes. Die Kasernen wurden nach Derendorf verlegt, von wo aus die berittenen Truppen schneller auf das Übungsgelände auf der Golzheimer Heide gelangten.

    Durch die Ausdehnung des bebauten Stadtraumes, die Ansiedlung von Industriebetrieben in umliegenden Orten, die Erschließung von Heerdt durch die Rheinische Bahngesellschaft und den Aufbau des Straßen und Straßenbahnnetzes wurden in den Jahren 1908/1909 die Eingemeindungen von Stockum, Rath, Gerresheim, Ludenberg, Eller, Himmelgeist und Heerdt notwendig. Mit ihnen wuchs das Stadtgebiet auf über 11.000 Hektar und damit das Doppelte seiner vorherigen Größe an. In den wenigen Jahrzehnten von der Reichsgründung bis zum Ersten Weltkrieg veränderte die Stadt Düsseldorf ihr Gesicht völlig. Zahlreiche wilhelminische Großbauten, ganze im Gründerzeitstil errichtete Wohnviertel, ein hohes Lohnniveau und ein sehr hohes Durchschnittseinkommen der Bewohner, schließlich ein ungebrochener Fortschrittsglaube prägten die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg. Auf der 1912 in Düsseldorf stattfindenden "Städteausstellung für Rheinland-Westfalen und benachbarte Gebiete" wurden die Ergebnisse eines Wettbewerbes zur Projektierung einer Millionenstadt Düsseldorf vorgestellt.

    Das durch die Eingemeindungen von 1909 entstandene Stadtgebiet sollte für eine Bevölkerung von einer Million Menschen umgestaltet werden, da man mit einem konstanten Weiterwachsen der Einwohnerzahl rechnete. Zu dem preisgekrönten Plan des Düsseldorfer Architekten Bruno Schmitz gehörte es auch, dass statt der Altstadt ein riesiger Rathauskomplex die Rheinsicht der Stadt beherrschen sollte. Schon 1884 war durch Baumeister Eberhard Westhofen ein wilhelminischer Bau an das Rathaus angefügt worden, dessen imposanter Turm aber schon vor 1915 wegen Baumängeln wieder beseitigt werden musste. Die Folge der Planung von 1912 war, dass man ein eigenes "Stadterweiterungsamt" einrichtete. Allerdings wurden die zum Teil phantastischen Pläne durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges verhindert.


    zurück zum Inhaltsverzeichnis
    5. Vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg

    Während des Ersten Weltkrieges war Düsseldorf großes Nachschubzentrum und Lazarettort für die Westfront. Wie in allen deutschen Städten folgte der Euphorie und Begeisterung vom August 1914 die Ernüchterung. Krankenhäuser, Schulen und Ausflugslokale wurden zu Lazaretten umgerüstet. Seit Anfang 1915 wurden Lebensmittelkarten ausgegeben und große Wohltätigkeitsveranstaltungen zum Besten der Verwundeten und durch den Krieg in Armut geratenen Personen veranstaltet. Die Not stieg bis zum Steckrübenwinter 1917/1918, in dem es wochenlang nicht einmal Kartoffeln gab.

    Nach der Revolution im November 1918 und dem Ende des Krieges wurde das linksrheinische Düsseldorf am 4. Dezember 1918 von belgischen Truppen besetzt. 1921, als sich die Reichsregierung ausserstande sah, die ihr auferlegte Kriegsentschädigung in Höhe von 269 Milliarden Goldmark aufzubringen, besetzten französische Truppen am 3. März 1921 die Städte Düsseldorf, Duisburg, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen. Am 10. Januar 1923 folgte die Besetzung des Ruhrgebietes. Von den Besatzungstruppen wurden in Düsseldorf 23 öffentliche Gebäude, darunter das Landgericht, das Polizeipräsidium, Schloss Jägerhof, die Tonhalle und der Stahlhof beschlagnahmt, ausserdem mussten 25 Wohnhäuser, 3.700 Wohnungen und 15 Schulen geräumt werden. Die Ausweisungen durch die Besatzungsmächte und die durch die Separatisten hervorgerufene Unruhe führten zur Flucht von rund 10.000 Einwohnern aus Düsseldorf. Besonders schwerwiegende Folgen für die Düsseldorfer Wirtschaft hatte jedoch die anhaltende Inflation, die jede Besserung der wirtschaftlichen Lage verhinderte.

    Trotzdem gab es Anzeichen für den Glauben an einen wirtschaftlichen Aufschwung. 1922 bis 1924 entstand nach Entwürfen von Wilhelm Kreis das Wilhelm-Marx-Haus, das erste Bürohochhaus Deutschlands. In der gleichen Zeit verlegten die Großkonzerne Phoenix und Stumm sowie der Barmer Bankverein ihre Hauptverwaltungen nach Düsseldorf. Ende 1924, also noch bevor die französischen Besatzungstruppen die Innenstadt am 25. August 1925 verließen, begann man mit der Planung einer großen Ausstellung, die Düsseldorf als Kongress- und Ausstellungsstadt wieder ins Spiel bringen sollte. Diese Ausstellung für "Gesundheitspflege, Soziale Fürsorge und Leibesübungen", zu der am Rheinufer nördlich der Auffahrt zur Oberkasseler Brücke vom Architekten Wilhelm Kreis große Ausstellungsbauten erstellt wurden, wurde 1926 von über 7,5 Millionen Menschen besucht. Die Dauerbauten der GESOLEI - der Ehrenhof, das Planetarium (heute Tonhalle) und die Rheinterrasse - stellen bis heute eine Bereicherung der Stadt dar, wenngleich schon damals Kritiker darauf hinwiesen, dass durch diese Bauten der Hofgarten gegen den Rhein hin abgeschlossen und vom Fluss weggedrängt worden sei.

    Ebenfalls noch in der Besatzungszeit 1924 wurde ein Wettbewerb zur Neugestaltung der Rheinfront und des Rathauses ausgeschrieben. Der mit dem zweiten Preis ausgezeichnete Entwurf von Wilhelm Kreis zeigt massige Bürobauten mit einem etwa 35 Stockwerke hohen Rathausturm. Auch die Ausdehnung der Stadt durch Eingemeindungen kam wieder in Fluss. Das Gesetz zur kommunalen Neugliederung vom Sommer 1929 gliederte die ehemalige Reichsstadt Kaiserswerth mit Teilen von Wittlaer und Kalkum und die Landgemeinde Lohausen sowie Teile der Gemeinde Ludenberg, die Gemeinde Benrath-Reisholz und Garath der Stadt ein. Damit wurde das Stadtgebiet nochmals um knapp ein Drittel vergrößert und die Einwohnerzahl auf 477.000 erhöht. Vor allem im Benrath-Reisholzer Industriegebiet entwickelte sich die Wirtschaft in dieser Zeit lebhaft. Die Henkel-Werke konnten Weltruf erlangen, die "Industrieterrains Reisholz", eine Tochtergesellschaft der Stadt Düsseldorf, baute Werftanlagen und stellte für zahlreiche andere Industriebetriebe Gelände zur Verfügung.

    Richtungweisend war auch der Ausbau des zivilen Luftverkehrs auf dem ehemals für Luftschiffe erbauten Platz in Lohausen, wodurch Düsseldorf 1926 zu einem Flughafen zweiter Ordnung wurde. Weitergehende städtebauliche Veränderungen verhinderte nicht zuletzt die Wirtschaftskrise der Jahre 1931/32.

    Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 wurde auch Düsseldorf zu einer nationalsozialistischen Stadt umgestaltet. Widersacher und Kritiker der Nationalsozialisten wurden verfolgt, alle Führungspositionen in Staat und Verwaltung mit Nationalsozialisten besetzt, alle Organisationen entweder gleichgeschaltet oder verboten. Das Führerprinzip wurde auch in der Kommunalverwaltung eingeführt. Es gelang den Nationalsozialisten, einige Ansätze zur wirtschaftlichen Gesundung aus der Zeit vor der Machtergreifung als ihre Erfolge auszugeben. So konnten der Wohnungsbau und auch die Errichtung neuer Großbauten schon zu Beginn der nationalsozialistischen Zeit in Gang gesetzt werden. An Baumaßnahmen zu nennen sind daneben der Durchbruch der Bolkerstraße bis zur heutigen Heinrich-Heine-Allee, der Neubau des Hauptbahnhofs, die Errichtung des Eisenforschungsinstitutes, des Eisstadions und der Jugendherberge in Oberkassel.

    Das schon 1931 errichtete monumentale Schlageter-Denkmal, benannt nach dem von den Franzosen erschossenen Freikorpsmitglied Albert Leo Schlageter, wurde unter den Nationalsozialisten sozusagen zum Wallfahrtsort hochstilisiert. Durch den Einmarsch in die entmilitarisierte Zone 1936 übernahm Düsseldorf wieder seine Funktion als Garnisonsstadt. Auch die in Düsseldorf stark vertretene Rüstungsindustrie (u.a. Rheinmetall) erlebte einen Aufschwung. Starke Impulse für die Stadtgestaltung gingen sodann von der Reichsausstellung "Schaffendes Volk" im Jahre 1937 aus.

    Da das Ausstellungsgelände am Ehrenhof und im Rheinpark nicht ausreichte, wurde der Nordpark angelegt, zu dem die Nordparksiedlung kam, die als »Schlageterstadt« eine nationalsozialistische Mustersiedlung werden sollte. War in der Schlagetersiedlung eher das bodenständige Element des Nationalsozialismus verwirklicht, so machte man sich vor allem von seiten der Gauleitung ab Mitte der 1930er Jahre Gedanken über den Ausbau von Düsseldorf zur "Gauhauptstadt". Gauleiter Friedrich Karl Florian rief Ende der 1930er Jahre eine "Stadtplanungs GmbH" ins Leben, die einen Generalbebauungsplan nach Berliner Muster für die gesamte Innenstadt aufstellte. Diese 1938, also kurz vor dem Krieg, beginnenden Planungen sollten eine radikale städtebauliche und architektonische Neugliederung mit sich bringen. Dazu gehörte ein an die Königsallee anschließendes gewaltiges Straßenkreuz im Hofgarten, dessen einer Arm quer durch die Altstadt zu einer neu zu errichtenden Brücke zum Oberkasseler Ufer führen sollte. Den Abschluss an der Königsallee sollte eine gigantische Ton- und Kongresshalle bilden, die in ihrem größten Raum über 5.000 Personen Platz bieten sollte. Ein riesenhaftes Opernhaus sollte am Corneliusplatz entstehen. Ein ebenfalls ins Gigantische überhöhtes Rathaus sollte an alter Stelle mit einem an den alten Schlossturm angelehnten Altstadthotel gebaut werden, ausserdem war ein Gauleitungsgebäude im Rheinpark vorgesehen, dessen Turm nach dem Willen des Gauleiters mehrere hundert Meter hoch werden sollte. Für die gesamte Rheinfront waren neue Gebäude von ungewöhnlicher Pracht vorgesehen.

    Die Planungen für diese ans Phantastische reichende Neugestaltung der Stadt wurden auch während des Krieges weitergeführt, ja, sie erhielten mit zunehmender Zerstörung der Stadt neue Nahrung. Noch im Jahre 1943 wurde ein Architektenwettbewerb für die große Tagungs- und Kongresshalle am südlichen Ende der Königsallee ausgeschrieben. Die zum Teil erhalten gebliebenen Entwürfe zeigen, dass diesen gigantischen Baumaßnahmen große Teile der Innenstadt geopfert werden sollten. So ist es nicht verwunderlich, dass es zu starken Gegensätzen zwischen dem Planungsbüro des Gauleiters und den städtischen Planungsämtern kam. Diese bemühten sich, den Hofgarten zu erhalten, die Ost-West-Achse fallenzulassen und eine Nord-Süd-Achse parallel zur Königsallee vorzuschlagen. Dieser letztere Entwurf des Stadtplanungsamtes wurde nach dem Krieg mit der Anlage der Berliner Allee wieder aufgegriffen.

    Die nationalsozialistische Selbstdarstellung und Machtentfaltung stand der Unterdrückung, Ausgrenzung und Vernichtung all der Menschen gegenüber, die sich nicht den Wert- und Ordnungsvorstellungen der neuen Machthaber anpassen wollten oder von einer menschenverachtenden, Hass predigenden Ideologie zu Feinden erklärt worden waren.

    Schon am 11. April 1933 wurde am Rhein durch die Hitlerjugend "unerwünschte" Literatur, unter anderem von Heinrich Heine, verbrannt, die linksorientierte Presse wurde verboten und erste Hetzkampagnen gegen jüdische Geschäfte gestartet. Die etwa 5.000 jüdischen Einwohner der Stadt wurden ab 1935 systematisch ausgegrenzt, zunächst, indem jüdische Organisationen und Einrichtungen aufgelöst wurden, dann durch zwangsweise Umsiedlung, Enteignung und den Zwang, jüdische Vornamen anzunehmen. Ab 1938 wurden Verhaftungen häufiger. Bei dem Pogrom in der Nacht zum 10. November 1938 wurden jüdische Wohnungen zerstört, Juden misshandelt und verhaftet und mindestens acht Menschen ermordet. Nach Kriegsbeginn wurden den Juden die Auswanderung unmöglich gemacht. Am 27. Oktober 1941 verließ schließlich der erste Deportationszug mit Düsseldorfer Juden den Güterbahnhof Derendorf in Richtung Lodz. Unterdrückt, ausgegrenzt und ermordet wurden auch Sinti und Roma, "Ernste Bibelforscher" (die heutigen Zeugen Jehovas), Insassen von Heilanstalten. Widerstand, wie er sich vor allem in den Arbeitervierteln, unter anderem in Gerresheim, zeigte, wurde mit großer Brutalität niedergeschlagen.

    Während des Zweiten Weltkrieges machte sich zunehmend der Mangel an Arbeitskräften in der Rüstungsindustrie, aber auch beim Gewerbe und in allen anderen Bereichen des öffentlichen Lebens bemerkbar. Deswegen wurden zunächst Arbeitskräfte aus dem westlichen Ausland angeworben und zwangsverpflichtet. Später wurden in sehr hohem Maße Zwangsarbeiter aus dem Osten eingesetzt, meist junge Frauen und Männer, die, in Lagern untergebracht, unter zum Teil unmenschlichen Verhältnissen arbeiten mussten. 1944 lebten in rund 400 Lagern in Düsseldorf mehr als 35.000 ausländische Zivilarbeiter, hinzu kamen einige tausend Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge, die in Düsseldorf Zwangsarbeit leisten mussten.

    Die ersten Zerstörungen im Stadtgebiet wurden von den Nationalsozialisten selbst durchgeführt. In der sogenannten "Reichspogromnacht" am 10. November 1938 wurden nicht nur zahlreiche jüdische Wohnungen und Geschäfte verwüstet, sondern auch die Synagogen in der Kasernenstraße und in Benrath in Brand gesteckt und zerstört. Während der ersten Kriegsmonate blieb es in Düsseldorf noch relativ ruhig. Ab Mai 1940 gab es die ersten Luftangriffe, bei denen aber nur relativ wenige Bomben fielen und nur wenige Tote und Verletzte zu beklagen waren. Erst 1942 nahmen die Angriffe zu, bei denen ganze Bomberflotten auf Düsseldorf angesetzt waren. Ein Großangriff fand in der Nacht vom 31.7. auf den 1.8.1942 statt, bei dem vor allem die südlichen Stadtteile, die Friedrichstadt und die Stadtmitte getroffen und ca. 290 Tote und über 1.000 Verletzte gezählt wurden. Ein weiterer Angriff am 10.11.1942 traf die Altstadt und die Stadtmitte mit 132 Toten und 550 Verletzten. Weitere Großangriffe am 27.1.1943, am 12.6.1943, am 22.4.1944 und am 24.4.1944 forderten jeweils mehrere hundert oder sogar Tausende Tote.

    Alles in allem wurden 243 Angriffe gezählt, bei denen 5.863 Zivilpersonen ums Leben kamen. Der Zerstörungsgrad, vor allem in der Innenstadt, war ausserordentlich hoch. Von 176.000 Wohnungen wurde über die Hälfte, ca. 92.000, vernichtet. Alle drei Rheinbrücken, darunter eine Eisenbahnbrücke, zahlreiche Straßen, Hochwasserdeiche, Unter- und Überführungen sowie das Entwässerungsnetz waren weitgehend zerstört worden. Die Trümmermenge wurde auf ca. 10 Millionen Kubikmeter geschätzt. Die Einwohnerzahl, die 1939 noch rund 540.000 betrug, ging auf rund 235.000 Einwohner am 17. April 1945 zurück. Düsseldorf war sieben Wochen Frontstadt. Während das linksrheinische Gebiet von Düsseldorf schon am 2.3.1945 durch die Amerikaner besetzt worden war, zogen rechtsrheinisch erst am 17.4.1945, nach der Einschnürung des Ruhrkessels, amerikanische Truppen ein und besetzten die Stadt nahezu kampflos. Noch einen Tag vor der Besetzung mussten einige tapfere Bürger, die diese kampflose Übergabe geplant hatten, ihr Leben lassen.

    Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war Düsseldorf "eine Trümmerstadt, durch einen brückenlosen und durch zahlreiche Schiffswracke gesperrten Strom in zwei Teile getrennt, eine Stadt, in der Tausende von Menschen in Bunkern und Kellern wohnten, eine Großstadt, in der keine Straßenbahn fahren konnte, eine Stadt, deren Bewohner durch die Schrecken des Krieges erschüttert und nach der politischen Verirrung mutlos geworden waren, eine Stadt, in der Hunger und Not herrschten und Verwahrlosung und Demoralisierung zu einer immer größeren Unsicherheit führten, eine Stadt, in der primitivste Regeln der Hygiene vielfach nicht mehr beachtet werden konnten, in der die notwendigsten Gebrauchsgegenstände fehlten und selbst keine Särge mehr für die Toten vorhanden waren, das war das traurige Erbe, das diejenigen vorfanden, die sich für die Wiederingangsetzung und den Wiederaufbau der städtischen Verwaltung einsetzten und damit unserem schwer heimgesuchten Düsseldorf die erste und wichtigste Hilfe leisteten."

    So steht es 1949 im ersten Verwaltungsbericht der Stadt nach dem Krieg.


    zurück zum Inhaltsverzeichnis
    6. Der Neubau der Stadt Düsseldorf nach dem 2.Weltkrieg

    Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges dauerte es einige Zeit, bis die schlimmsten Kriegsfolgen überwunden waren. Die Stadt war ein Trümmerfeld, über die Hälfte der Bevölkerung war ermordet oder deportiert, gefallen, in Bombenkrieg und Artilleriebeschuss umgekommen oder vor den Schrecken des Krieges aus der Stadt geflohen. Jede staatliche Macht war aufgelöst. Hunger, Sorge um eine Unterkunft und vermisste Familienangehörige und Angst vor einer ungewissen Zukunft prägten das tägliche Leben der Bevölkerung. Erschwert wurde die Lage noch dadurch, dass zahlreiche noch intakte Gebäude in der Stadt von der Besatzung beschlagnahmt worden waren und mit der Demontage großer Werke zahlreiche noch vorhandene Arbeitsplätze verloren gingen.

    Das kommunale Leben begann schon im Juni 1945 mit der Einsetzung eines Vertrauensausschusses der Bürgerschaft durch die Besatzungsbehörden, der zunächst von Dr. Füllenbach, dann von Walter Kolb als Oberbürgermeister der Stadt geleitet wurde. Die Jahre 1945 bis 1947, ja, bis 1950, standen ganz im Zeichen der Beseitigung von Trümmern, der Wiederherstellung des Straßennetzes, der Versorgungsleitungen und der Kanalisation, des Baus erster Brücken über den Rhein, der Einrichtung von Straßenbahnen und Bahnlinien. In einem Wohnungsnotprogramm, das die Stadt von 1945 bis 1947 durchführte, wurden über 11.000 Wohnräume erstellt und über 65.000 behelfsmäßig winterfest gemacht. Viele dieser Gebäude mussten allerdings in den nächsten Jahren wegen akuter Einsturzgefahr wieder geräumt werden. War die Zahl der Bewohner im März 1945 auf 235.000 herabgesunken, so wurden 1949 schon wieder 466.000 Einwohner in Düsseldorf gezählt. Trotz der bedrückenden äusseren Verhältnisse und obwohl die Not in der Stadt fast unerträglich war, kündigte sich schon vor der Währungsreform am 20. Juni 1948 ein Aufstieg der Stadt an. Das im Januar 1946 gegründete städtische Werbe- und Verkehrsamt konnte schon 1946 mehrere Tagungen in der Stadt durchführen, wobei auswärtige Gäste in dürftig hergerichteten Hotelschiffen unterkamen. 1946 wurde auch die Ausstellungsgesellschaft NOWEA gegründet, die im Herbst 1947 die Deutsche Presseausstellung durchführte.

    Bald nach der Währungsreform erwies es sich als notwendig, den Wiederaufbau so zu planen, dass sein Ergebnis auch für die nähere und fernere Zukunft als Grundlage dienen konnte. Schon 1946 wurde eine "Arbeitsgemeinschaft Stadtplanung" gegründet, die einen im Dezember 1947 von den Stadtverordneten angenommenen innerstädtischen Verkehrs- und Wiederaufbauplan vorlegte, der eine zweijährige Bausperre für die Innenstadt vorsah. Diese Bausperre konnte nicht verwirklicht werden, da aus der Not heraus zahlreiche Häuser auch ohne Genehmigung wieder errichtet wurden. 1949 wurde ein Neuordnungsplan der Stadt erstellt, der dann 1950 von den Stadtverordneten beschlossen wurde. Dieser Neuordnungsplan sollte die Grundlage für die nächsten Jahrzehnte bilden. Er sah für die Innenstadt die Neuanlage einer großen Nord-Süd-Verbindung vor, die als Parallelstraße zur Königsallee durch die gesamte Stadt verlaufen sollte. Dazu war eine Verbreiterung der Kölner Straße, ihre Verlängerung über die Pempelforter Straße in die Duisburger Straße hinein und eine Verlängerung der Kasernenstraße nach Norden und Süden zur Entlastung der Breitestraße notwendig. Für den Ost-West-Verkehr durch die Stadt waren ausser der schon bestehenden Eisenbahnbrücke fünf Straßenbrücken über den Rhein vorgesehen.

    Der Neuordnungsplan von 1949 trägt schon ganz die Handschrift von Friedrich Tamms. Tamms, der im April 1948 als Stadtplaner beim Planungsamt eingestellt worden war, sollte bis 1970 als Planungs- und Baudezernent das Gesicht Düsseldorfs entscheidend mitgestalten. Mit seinem Namen sind die großen Bauvorhaben, die Straßendurchbrüche und die Hochhäuser dieser Jahre verbunden. Für ihn war die Stadt ein Organismus, dessen Wachstum einer steuernden Planung und Pflege bedurfte, in dem der Planer gleichsam als Arzt tätig war. Um spätere schmerzhafte operative Eingriffe zu vermeiden, müsse die Chance der Zerstörung genutzt werden. 1955 schrieb er: "Darum gilt es, beim Wiederaufbau unserer im letzten Krieg zerstörten Städte, die (hoffentlich nicht wiederkehrende) Chance wahrzunehmen, um einer neuen Entwicklung Rechnung zu tragen, die aufzuhalten in keines Menschen Hand liegt." Und an anderer Stelle: "Es wäre daher unverzeihlich, vor allem mit Rücksicht auf die kommenden Geschlechter, die wenigen Vorteile, die die Zerstörungen den Städten bieten, nicht zu einer allgemeinen Gesundung zu nutzen. Ordnung hat noch nie Nachteile gebracht. Sie ist die Voraussetzung zu wirtschaftlichem Erfolg und Aufstieg. Im ganzen gesehen erhöht sie den Wert von Grund und Boden, indem sie das Geschäftsleben fördert und zu größerer Entfaltung bringt."

    Konnte Tamms in vielen Bereichen an Vorkriegs- bzw. Kriegsplanungen anknüpfen, so gab es nach dem Krieg doch auch Zwänge und Notwendigkeiten, die neue Lösungen erforderten. Vor allem der zunehmende Kraftfahrzeugverkehr stellte die Planung vor völlig neue Probleme. Das größte Bauvorhaben war sicherlich die Anlage der Berliner Allee, die zusammen mit dem neugeschaffenen Jan-Wellem-Platz ohne Rücksicht auf bestehende Straßen, Häuserblocks oder Fluchtlinien durch die Innenstadt geschlagen wurde. Die Berliner Allee, um deren Benennung es längere Auseinandersetzungen gegeben hatte, wurde am 23. September 1960 durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, feierlich eingeweiht. Vollständig ausgebaut wurde sie bis etwa 1965; es liegen an ihr die Hauptverwaltung der Stadtsparkasse, die Landeszentralbank sowie zahlreiche Hauptverwaltungen und Niederlassungen größerer Firmen. Dem Jan-Wellem-Platz und der Weiterführung der Nord-Süd-Trasse in Richtung Norden mussten zahlreiche Häuserblocks zwischen Hofgartenstraße und Bleichstraße bis hin zum Martin-Luther-Platz weichen. Die Viktoriastraße und die Eckstraße verschwanden ganz vom Stadtplan. Da bei dieser Stadtplanung der Hofgarten angeschnitten werden sollte, vor allem aber weil Tamms ein Hochstraßenprojekt im Bereich des Jan-Wellem-Platzes favorisierte, kam es zu zahlreichen Protesten in der Bevölkerung. Am 15. Januar 1961 besuchten etwa 10.000 Menschen eine Protestversammlung vor dem Rathaus, zu der die "Vaterstädtische Arbeitsgemeinschaft" aufgerufen hatte. Die Demonstration endete mit einem Zug in den Hofgarten; sie erreichte immerhin, dass ein Teil der Landskrone im Hofgarten, die zugeschüttet werden sollte, erhalten blieb. Der Jan-Wellem-Platz mit der Hochstraße, dem sogenannten "Tausendfüßler", dem neuen Straßenbahnhof und verschiedenen Fußgängerpassagen konnte 1962 dem Verkehr übergeben werden. Die Hochstraße am Jan-Wellem-Platz wurde am 22. Januar 1994 in die Denkmalliste aufgenommen.

    Das Gesicht der Stadt änderte sich auch in vielen anderen Straßen, da diese um mehrere Meter verbreitert wieder aufgebaut wurden. Hier sind vor allem die Schadowstraße und der Wehrhahn zu nennen. Auch aus der Immermannstraße wurde eine breite Durchgangsstraße, die von Wohn- und Geschäftshäusern gesäumt wird. Neben diesen auf stadtplanerische Maßnahmen zurückgehenden Eingriffen in das Stadtgefüge ist das Stadtbild aber weitgehend durch den individuellen Aufbau geprägt worden. Fast jeder Grundstücksbesitzer erkannte die Chance, durch den Abriss seines Hauses und den Wiederaufbau in anderen Dimensionen mehr Geschäfts-, Büro- und Wohnraum zu schaffen. So wurden ganze Straßenzüge auch dort, wo trotz der Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges noch relativ viel alte Bausubstanz erhalten war, abgerissen und meist mit zwei, manchmal sogar mit drei zusätzlichen Stockwerken wieder errichtet. Hinzu kam, dass vom Ende der 1950er Jahre an dem Stadtbild eine, wie es Tamms formulierte, "dritte Dimension" eingefügt wurde. In den 1950er und 1960er Jahren entstand das Gebäude der Provinzial-Versicherungsanstalt am Kirchplatz mit 14 Stockwerken, das an der Immermannstraße errichtete Dommel-Haus mit 55 Metern Höhe, der Sitz der Landesversicherungs-Anstalt an der Adersstraße mit 56 Metern Höhe, zu dem sich 1976 ein 121 Meter hoher Neubau gesellt hat), das 60 Meter hohe Gebäude der Landesregierung an der Haroldstraße und das Mannesmann-Haus am Mannesmannufer mit seinen 88 Metern Höhe. Zu einem Wahrzeichen von Düsseldorf allerdings wurde das 1960 eingeweihte, fast 100 Meter hohe sogenannte "Dreischeibenhaus" oder Thyssen-Haus, das die Hauptverwaltung der Phoenix-Rheinrohr aufnehmen sollte. Damit war Mitte der 1960er Jahre nicht nur die Stadt wieder aufgebaut, sondern es war in weiten Bereichen ein völlig neues Stadtbild entstanden.

    Für die Stadtverwaltung selbst war schon zu Beginn der 1950er Jahre ein neues Verwaltungsgebäude am Marktplatz errichtet worden. Der heute bereits Architekturhistoriker interessierende, nach den Plänen von Prof. Schulte-Frohlinde errichtete Bau im Baublock Marktplatz - Marktstraße - Rheinstraße - Rheinort - Zollstraße wurde im ersten Bauabschnitt schon 1953 fertiggestellt. Der zweite Bauabschnitt Rheinort-Zollstraße einschließlich der Sanierung der Häuser Zollstraße 7 und 9 war 1957 fertiggestellt. Das Gebäude, das als Auslöser des "Düsseldorfer Architekturstreits" gilt, steht heute unter Denkmalschutz.

    15 Jahre nach Kriegsende, 1960, war das Selbstbewusstsein der Stadt so weit angewachsen, dass man glaubte, mit einem großen Rathausneubau nicht nur ein Zeichen städtischer Selbstdarstellung, sondern auch eine neue Dimension in die Düsseldorfer Altstadt bringen zu können. So beschloss der Rat 1960 einen "Ideenwettbewerb über die städtebauliche und architektonische Neuordnung" zwischen Maxkirche und Burgplatz in Düsseldorf. Es war dies der dritte Wettbewerb für ein Rathaus in Düsseldorf. Auf einige Bauten aus älterer Zeit wurde im Text der Ausschreibung hingewiesen. Es heisst dort: "Sie gehören zu den wenigen Bauten der Düsseldorfer Altstadt, die den Krieg im großen und ganzen überstanden haben. Soweit sie im Rahmen der Planung erhalten werden können, werden entsprechende Vorschläge erbeten. Sie dürfen jedoch auf keinen Fall die Möglichkeiten einer wirklichen Gesamtkonzeption schmälern. Düsseldorf hat an dieser Stelle seiner Innenstadt eine einmalige Chance, mit den von ihr benötigten Bauten über alles Nützliche hinweg eine städtebauliche Anlage von Rang und Bedeutung entstehen zu lassen. Die Stadt erwartet keine Utopien, dafür aber lebendige, phantasie- und kraftvolle Vorschläge."

    Der erste Preis ging an den Architekten Moser aus Karlsruhe, der im Bereich des Rathauses ein in Sternform angelegtes, aus drei unterschiedlich hohen Bürohäusern bestehendes Rathaus mit immerhin 40 bis 50 Stockwerken vorgesehen hat. Auch die anderen Preisträger gingen von unterschiedlich hohen Bürogebäuden im Altstadtbereich aus. Interessant ist die Feststellung, die Friedrich Tamms in seiner Würdigung der Entwürfe aussprach, dass sich die Düsseldorfer Architekten an die Vorgabe, historische Bausubstanz weitgehend zu berücksichtigen, am stärksten gehalten hatten, während auswärtige Architekten sich meist über die historischen Reste der Altstadt am Rheinufer hinweggesetzt hatten, wohl aus dem Gedanken heraus, dass diese Häuser zwar historisch, aber architektonisch nicht von hohem Rang seien und dass ihre Erhaltung ein ernstes Hindernis für eine große Gesamtkonzeption sein würde.

    Diese Planungen für ein neues Rathaus und damit eine städteplanerische Umgestaltung der gesamten Altstadt sind, trotz zahlreicher Vorbereitungen bis zum Jahre 1967, nicht verwirklicht worden. Als Ersatz für das Rathaus wurde zeitweise ein Hochhaus an der Nordbrücke propagiert. Ob am Ende der 1960er Jahre, die ja auch im gesellschaftlichen Leben einen Umbruch brachten, sich die Idee solcher Großprojekte überlebt hatte, wird die neuere Architekturgeschichte klären müssen. In Düsseldorf jedoch begann man 1972 mit der Planung für ein Technisches Rathaus an der Mecumstraße / Am Hennekamp, dessen erster Bauabschnitt 1976 und ein zweiter 1985 fertiggestellt waren. In der ersten Hälfte der 1980er Jahre wurde ausserdem im Bereich des alten Rathauses am Rhein zwischen Zollstraße und Burgplatz ein Neubau errichtet, der sich allerdings in der Bauhöhe in die Rheinfront einpasst.

    In den 1950er und 1960er Jahren veränderte aber nicht nur die Düsseldorfer Innenstadt ihr Gesicht. Mit dem Namen Friedrich Tamms' ist auch die Planung der "Trabantenstadt" Garath verbunden, die südlich von Benrath Wohnraum für ca. 30.000 Menschen schaffen sollte. 1957 wurde mit der Planung begonnen, am 18. Februar 1961 begann der Bagger mit dem ersten Aushub, und im Juni 1963 zogen die ersten Familien in Garath-Nordwest ein.

    In das Ende der 1960er Jahre fallen auch die ersten Planungen für eine Universität Düsseldorf. Die aus der 1907 gegründeten Düsseldorfer Akademie für praktische Medizin hervorgegangene Medizinische Akademie war 1965 in die "Universität Düsseldorf" umgewandelt worden und am 14. Februar 1966 feierlich begründet worden. Die nach 1973 südlich der Klinik errichteten neuen Universitätsgebäude wurden nach und nach fertiggestellt. Die neue Universitätsbibliothek konnte Ende 1979 in Betrieb genommen werden. 1988 beschloss der Senat der Universität, ihr den Namen "Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf" zu verleihen.


    zurück zum Inhaltsverzeichnis
    7. Die siebziger und achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts

    Der Wiederaufbau von Düsseldorf konnte Ende der 1960er Jahre als abgeschlossen gelten. Im Sommer 1965 war mit den Vorarbeiten der dritten Straßenbrücke über den Rhein im Bereich der Innenstadt, der Kniebrücke, begonnen worden, sie wurde im Oktober 1969 dem Verkehr übergeben. Für die Oberkasseler Brücke, die noch immer eine "Dauerbehelfsbrücke" war, wurde im Oktober 1968 der Umbau beschlossen. Anfang April 1976 wurde die neue Oberkasseler Brücke in einem spektakulären Querverschub an ihre jetzige Stelle geschoben. Ebenfalls noch Ende der 1960er Jahre beschlossen und dann in den 1970er Jahren verwirklicht wurden die Errichtung eines neuen Messegeländes im Norden der Stadt und der Bau einer U-Bahn. Das Messegelände in Stockum konnte Oberbürgermeister Willi Becker der Düsseldorfer Messegesellschaft NOWEA am 20.8.1971 übergeben, und ein erstes Teilstück der U-Bahn zwischen Kennedydamm und Opernhaus konnte nach fast zehnjähriger Bauzeit am 3.10.1981 in Betrieb genommen werden.

    Die Einwohnerzahl von Düsseldorf, die vor dem Kriege (1939) 536.000 und beim Ende der Kampfhandlungen 1945 nur noch 235.000 betragen hatte, erreichte 1950 schon wieder die 500.000-Grenze. 1960 wurden knapp 700.000 Einwohner gezählt und 1962 mit 705.000 der bisherige Höchststand erreicht. Seit der Mitte der 1960er Jahre nahm die Einwohnerzahl jedoch kontinuierlich ab. Trotz der Eingemeindungen von Angermund, Wittlaer, Kalkum, Hasselbeck, Schwarzbach, Hubbelrath und Unterbach im Jahre 1975 ging sie bis zum Jahre 1982 auf 589.000 zurück. Ende 1988 besaß die Stadt noch 568.000 Einwohner. In dem Maße, in dem die Bürger ausserhalb der Stadtgrenze von Düsseldorf Wohnung nahmen, intensivierten sich die Pendlerströme, wurde ein zunehmender Straßenausbau und Ausbau des Nahverkehrsnetzes notwendig. In der Innenstadt selbst entstanden in den 1970er und 1980er Jahren neue Verwaltungsgebäude, Bürozentren, Sitze von Firmen, aber auch Hotelbauten, Geschäftshäuser und Einrichtungen, die der Kultur und dem Sport dienen. 1974 wurden der RWI-Bürokomplex in Bilk und der Neubau der Veba-Hauptverwaltung am Kennedydamm eröffnet, 1975 die Oberpostdirektion an der Sohnstraße und das Wohn- und Gewerbezentrum Am Seestern fertiggestellt, 1976 das Landesamt für Statistik in der Mauerstraße und das Hochhaus der Landesversicherungsanstalt in der Nähe des Graf-Adolf-Platzes erbaut. In das Jahr 1979 fiel die Grundsteinlegung für den Fernmeldeturm, 1980 wurden der Neubau des Innenministeriums an der Haroldstraße und das WZ-Center an der Königsallee eröffnet. 1981 beschloss der Landtag einen Neubau im ehemaligen Berger Hafen, und 1983 legte man den Grundstein für das Aquarium im Nordpark und die Victoriaversicherung auf dem alten Messegelände. 1985 wurden der neugestaltete Hauptbahnhof, das Wehrhahncenter, das neue Technische Rathaus am Hennekamp und der Neubau der Dresdner Bank an der Königsallee eröffnet. Dieser Bau, bei dem die alte Fassade erhalten blieb und dahinter völlig neue Räumlichkeiten entstanden, zeigt, dass schon ein Umdenken im Verhältnis zur alten Bausubstanz stattgefunden hatte.

    Daneben wurden in Düsseldorf architektonisch auch völlig neue Wege gegangen. Hervorragende Bauwerke sind die neue Landesgalerie, die Kunstsammlung NW (K20) am Grabbe-Platz, die am 14. März 1986 eingeweiht wurde, die postmoderne Bebauung an der Südseite des Hauptbahnhofes um den Bertha-von-Suttner-Platz (1986/87), und nicht zuletzt natürlich der Neubau des am 2. Oktober 1988 eröffneten Landtages im alten Berger Hafen neben dem schon 1982 fertiggestellten Fernmeldeturm.

    Das bedeutendste Großprojekt der 1980er und 1990er Jahre ist aber mit Sicherheit die Tieflegung der Rheinuferstraße und die Neugestaltung des Geländes des alten Hafens an der ehemaligen Dammstraße. Hier, in unmittelbarer Nähe des Rathauses, inmitten der Altstadt, sollte auf einem Gelände, das ursprünglich für einen Rathausneubau freigehalten worden war, ein großes Wohn- und Geschäftszentrum entstehen. Der erste Spatenstich zu diesem Großprojekt erfolgte am 27. September 1984, am selben Tage, an dem das um einige Meter versetzte, hinter der alten Fassade wieder aufgebaute Carsch-Haus der Firma Horten wieder eröffnet wurde. Als bei den Ausschachtungsarbeiten an der Dammstraße die alten Bastionen aus kurfürstlicher Zeit mit dem ehemaligen Sicherheitshafen zutage traten, bildete sich eine Bürgerinitiative, die die Erhaltung dieser Mauern forderte. Über ein Jahr lag die Baustelle still. Nach völlig neuen Plänen wurden über einer mehrstöckigen Tiefgarage die alten Bastionen und das ehemalige Hafenbecken wieder sichtbar gemacht und daneben neue Wohn- und Geschäftshäuser errichtet. Die mehrgeschossige Tiefgarage wurde schon am 24. Mai 1989 eröffnet. Es schloss sich die bedeutendste Baumaßnahme für die Düsseldorfer Innenstadt an, die Tieflegung der Rheinuferstraße, durch die die Altstadt wieder an den Rhein gerückt wurde. Nach nur knapp vierjähriger Bauzeit konnte der 1,9 km lange Tunnel am 15. Dezember 1993 dem Verkehr übergeben werden.


    zurück zum Inhaltsverzeichnis
    8. Veränderungen im Stadtbild von 1990 bis 2004

    Auch in den letzten zwei Jahrzehnten hat sich Düsseldorf in seinem äusseren Erscheinungsbild stark verändert. Große Bauobjekte konnten abgeschlossen, andere, neue in Angriff genommen werden.

    Mit der Tieflegung der Rheinuferstraße rückte die Düsseldorfer Altstadt wieder an den Rhein, eine große Freitreppe im Bereich des Burgplatzes schafft die Verbindung zum Strom. Sie wird an sonnigen Tagen von zahlreichen Menschen zum Verweilen genutzt. Das untere Rheinwerft hat teilweise die Gastronomie für sich entdeckt. Auf dem südlichen Tunnelmund in der Nähe des Landtages wurde das von den Architekten Overdiek, Petzinka & Partner geschaffene und im Mai 1998 eingeweihte sogenannte "Stadttor" errichtet, ein 75 m hohes Atriumhaus, in dessen oberen Etagen der Ministerpräsident die Staatskanzlei eingerichtet hat. Diesem Neubau musste das unter Denkmalschutz stehende "Studienhaus" von 1967 weichen. Das Umfeld wurde gärtnerisch gestaltet. Unter der Rheinkniebrücke fand das neue "Roncalli's Apollo" , ein Varietétheater, seinen Platz. Besonderen Veränderungen unterlag das nahe Hafengelände auf der Lausward, das zum "Medienhafen" umgestaltet wurde. Hier waren schon 1987-1990 Gebäude des WDR und anderer Rundfunkeinrichtungen entstanden. Als Experimentierfeld für Architekten bildet es mit seinen teilweise kuriosen Bauwerken einen Anziehungspunkt für Architekturliebhaber. Besonders der 1998 errichtete "Neue Zollhof", die im Oktober 1999 eingeweihten sogenannten "Gehry-Bauten" und das im 2000 fertiggestellte Bürogebäude "Grand Bateau" ebenso wie die 2002 durch den Architekten Jürgen Overdick umgebaute Plange-Mühle geben dem Gelände einen eigenen Charakter. Belebt wird der Hafen auch durch das im Dezember 1999 eröffnete Multiplexkino UCI-Kinowelt. Schon 1997 und 1998 waren Multiplex-Kinos am Hauptbahnhof und in Oberkassel eröffnet worden. Dies führte zu einem Kino-Sterben kleinerer und mittlerer Kinos.

    Die Rheinfront nachhaltig geprägt hat auch der Bau des 108 m hohen Victoria-Turms, der 1998 bezogen wurde. Er steht im Zusammenhang mit der Umgestaltung des ehemaligen Messegeländes an der Fischerstraße, das 1992 von der Stadt an die Vioktoria-Versicherung verkauft worden war. In den Jahren 1998 bis 2001 ist auch der ehemalige Kunstpalast am Ehrenhof durch den Architekten Oswald Mathias Ungers umgestaltet worden. Nur die aus den 1920er Jahren stammende Fassade blieb erhalten, dahinter hat das Energieunternehmen Veba, heute E.ON AG, ein neues Museum und ihre neue Hauptverwaltung errichtet. Das "museum kunst palast" wird seit 2001 von einer im Dezember 1997 gegründeten Stiftung getragen, die nicht nur das Kunstmuseum betreibt, sondern auch zahlreiche spektakuläre Ausstellungen verwirklicht hat.

    In Oberbilk ist seit 1993 auf ehemaligem Industriegelände das Internationale Handelszentrum entstanden. Das am 24. November 1994 eröffnete Ost-West-Haus soll vor allem dem Ausbau des Handels mit den Ländern der ehemaligen Sowjetunion dienen. Umgestaltet wurde und wird auch das nördliche Derendorf, nachdem die Firma Rheinmetall ihre Produktion in Düsseldorf eingestellt hat und hier Gelände zur Verfügung steht. Hier an der Ulmen- und Rather Straße entstanden weniger spektakuläre neue Bauten, vielmehr wurden häufig ehemalige Fabrikgebäude umgewidmet. Die 1991 aus Düsseldorf verlegte Konzernzentrale der Rheinmetall AG kehrte 1998 wieder zurück, ihr umgebautes Hauptgebäude an der Ulmenstraße wurde am 22. April 1999 eingeweiht. Das Einkaufszentrum "Forum Derendorf" eröffnete im Juli 2002. Völlig neu entstanden ist am "Mörsenbroicher Ei" das 131 m hohe ARAG-Haus, das am 26. April 2001 eingeweiht wurde. Es ersetzt ein markantes, aus dem Jahre 1963 stammendes Terrassenhochhaus, das 1992 gesprengt wurde.

    Die im Jahre 2002 durchgeführte zweite Regionale "Euroga 2002+" hat auch in Düsseldorf ihre positiven Spuren hinterlassen. Nicht nur wurden die grüne Lunge der Stadt, der 1998 in die Denkmalliste eingetragene Hofgarten, neu gestaltet und andere Gartenanlagen wiederhergerichtet, sondern auch in Benrath mit der Stiftung Schloss und Park Benrath und dem am 19. April 2002 eröffneten Gartenkunstmuseum im Ostflügel des Schlosses ein neues Glanzlicht in der Düsseldorfer Museumslandschaft geschaffen. Von seiten des Landes Nordrhein-Westfalen wurde das ehemalige Ständehaus am Kaiserteich, in dem bis 1988 der Landtag residierte, zu einem Museum für zeitgenössische Kunst als Dependance der Landesgalerie am Grabbeplatz ausgebaut. Es wurde am 18. April 2002 als "K21" eröffnet.

    Was die Infrastruktur der Stadt angeht, so ist vor allem die bessere Anbindung des Flughafens zu nennen, der jetzt "Flughafen International - airport 2000 plus" heißt. Nach dem verheerenden Brand 1996 ist das neu errichtete Terminal am 7. April 1998 wiedereröffnet worden, und am 26. Mai 2000 konnte der IC-Bahnhof am Flughafen offiziell eingeweiht werden. Der neue, 84 m hohe Tower des Flughafens wurde am 4. Juli 2003 eingeweiht. Am 3. Juni 2002 wurde nach nur vierjähriger Bauzeit die "Flughafenbrücke" eröffnet, die die A44 über den Rhein führt und an die A57 anbindet. Dadurch wird die Theodor-Heuss-Brücke entlastet. Ausgebaut wurde ebenfalls die Düsseldorfer Messe, die im Jahre 2002 Hallen erweiterte und modernisierte und den Nordeingang völlig neu gestaltete. Dafür musste schon 1998 das Freibad am Rheinstadion weichen. Als Ersatz wurde im Juni 2000 das "Rheinbad" am Rheinstadion eröffnet. Völlig neu errichtet wurde auch die Rheinarena. Das alte Rheinstadion war 2002 völlig abgerissen worden. Die neue Arena konnte am 10. September 2004 ihre inoffizielle Einweihung erleben.

    Düsseldorf ist eine Stadt im Wandel, deren Blick stets vorwärts gerichtet ist, die sich bemüht, ihrem Ruf als Stadt der Dienstleistungen, der Medien und der Mode gerecht zu werden. Sie setzt ihre Prioritäten eindeutig, investiert in Zukunft. Alte Bausubstanz und Tradition besitzen hier nur dann einen Wert, wenn sie sich ökonomisch und gesellschaftlich einsetzen lassen.

    Clemens von Looz-Corswarem


    zurück zum Inhaltsverzeichnis
    Ein Service von